Die Hauptaufgabe des Geographieunterrichts besteht darin, raumbezogene Handlungskompetenz zu entwickeln, die sich in der Befähigung der Schülerinnen und Schüler zum Verständnis ihrer Lebensumwelt und zur Teilhabe an deren Gestaltung äußert. Mehr anzeigen »
Raumverantwortliches Handeln wird auf der Basis grundlegender Wissensbestände über folgende vier Kompetenzbereiche erreicht: Erkenntnisse/Erkenntnisgewinnung, Räumliche Orientierung, Kommunikation, Beurteilung/Bewertung/Handlung.1 Diese Kompetenzbereiche sind nicht überschneidungsfrei.

Abb.1: Kompetenzbereich des Faches Geographie
Kompetenzbereich Erkenntnisse/Erkenntnisgewinnung
Der Kompetenzbereich Erkenntnisse/Erkenntnisgewinnung beinhaltet einerseits die fachliche Konkretisierung der ausgewiesenen grundlegenden Wissensbestände, andererseits zielt er auf die Aneignung und Anwendung des basalen Wissens mithilfe fachspezifischer und fachübergreifender Arbeitsmethoden und -techniken ab.
Im Geographieunterricht werden die Schülerinnen und Schüler dazu befähigt, Informationen über geographische Räume und Sachverhalte planvoll zu gewinnen, auszuwerten und zu verknüpfen sowie geographisch relevante Fragestellungen zu beantworten.
Zwei grundlegende Wege der Erkenntnisgewinnung werden angewandt: zum einen die Gewinnung von Informationen aus vorhandenen Medien, zum anderen die eigene Tätigkeit im Realraum bei Erkundungen und Exkursionen. Hierfür ist die Kenntnis über Informationsquellen (z. B. digitale Atlanten, Sachbücher, Presse, Internet, Geographische Informationssysteme/GIS, Realraum), Informationsformen (z. B. digitale Karten, Bilder/ Luft- und Satellitenbilder, Statistiken) und Informationsstrategien (geographische Arbeitsmethoden und -techniken) unabdingbar.
Durch den digitalen Wandel gewinnen neben den analogen auch die digitalen (Geo-) Medien einen immer größeren Stellenwert im Bereich der Erkenntnisgewinnung, -verarbeitung und -dokumentation. Hierfür müssen die Kompetenzen hinsichtlich des Umgangs mit analogen und digitalen Medien entwickelt und die gewonnenen Informationen aufgabenbezogen ausgewertet und beurteilt werden. Eine kritische Medienanalyse und Medienbewertung müssen in diesem Zusammenhang entwickelt werden. Strategien zum Suchen, Verarbeiten und Speichern von Erkenntnissen stellen dabei eine basale fachübergreifende Fähigkeit dar.
Kompetenzbereich Räumliche Orientierung
Der Kompetenzbereich Räumliche Orientierung ist eng verknüpft mit der Erkenntnisgewinnung, stellt aber auch eine Grundlage für die Entwicklung der anderen geographischen Kompetenzen dar. Die Fähigkeit zur räumlichen Orientierung ist zugleich methodische Basisqualifikation für weitere Unterrichtsfächer und besitzt hohe Lebensbedeutsamkeit.
Die Schülerinnen und Schüler eignen sich ein alltagsrelevantes räumliches Orientierungswissen auf globaler, regionaler und lokaler Ebene an. Sie erlangen die Fähigkeit, geographische Objekte, Prozesse und Ereignisse in verschiedene räumliche Ordnungssysteme und Orientierungsraster einzuordnen und Lagebeziehungen herzustellen. Dabei kommt insbesondere der Entwicklung von Kartenkompetenz, d. h. dem angemessenen Umgang mit Karten und Kartenskizzen, eine besondere Bedeutung zu.
Zunehmend werden zur räumlichen Orientierung interaktive Karten, digitale Globen sowie virtuelle Erkundungen und Welten genutzt. Zur Orientierung im Realraum finden neben traditionellen Orientierungsmitteln und -hilfen zunehmend auch satellitengestützte Navigationssysteme (z. B. Global Positioning System – GPS, Galileo) Anwendung.
Kompetenzbereich Kommunikation
Im Geographieunterricht angeeignetes Grundwissen bedarf einer sach- und adressatengerechten Kommunikation. Die Schülerinnen und Schüler lernen, geographische Sachverhalte zu verstehen, Informationen in andere - auch digitale - Darstellungsformen umzuwandeln, sich angemessen unter Verwendung der Fachsprache (inklusive Fachbegriffe) auszudrücken und sich damit anderen verständlich zu machen. Dazu gehört auch die Präsentation aufbereiteter Erkenntnisse. Sie nutzen dabei Methoden und Techniken der Präsentation sowie Regeln der Argumentation und Diskussion. Dieser Prozess der Interaktion ermöglicht den Lernenden zunehmend, ihre Positionen strukturiert, sach- und adressatengerecht zu vermitteln, auf Argumente anderer angemessen zu reagieren bzw. ihre eigene Auffassung aufgrund vorgetragener Einwände zu revidieren. Dadurch erreichen die Schülerinnen und Schüler sowohl eine Diskursfähigkeit über geographische/geowissenschaftliche Themen, die von Gesellschafts- und Alltagsrelevanz sind, als auch eine Basis für die außerschulische und interkulturelle Kommunikation im Sinne lebenslangen Lernens.
Kompetenzbereich Beurteilung/Bewertung/Handlung
Dieser Kompetenzbereich zielt darauf ab, raumbezogene Situationen, Sachverhalte und Probleme zu beurteilen und zu bewerten sowie Bereitschaft zum angemessenen raumverantwortlichen Handeln zu entwickeln.
Die Schülerinnen und Schüler reflektieren Beziehungen zwischen Mensch und Umwelt und lernen, Auswirkungen menschlicher Eingriffe in Räumen auf lokaler, regionaler und globaler Ebene unter dem Aspekt einer nachhaltigen Entwicklung zu bewerten und vor dem Hintergrund bestehender Werte alternative Handlungsmöglichkeiten in Ansätzen zu beurteilen. Dazu gehört auch, geographisch relevante Aussagen und Medien kritisch zu hinterfragen. Auf dieser Grundlage entwickeln die Schülerinnen und Schüler die Kompetenz, in konkreten Handlungsfeldern sach- und raumgerecht tätig zu werden. Besondere Bedeutung kommt dabei dem Umweltschutz, der Raumplanung und der interkulturellen wie internationalen Verständigung, die in das übergeordnete Leitbild der Nachhaltigkeit münden, zu.
Verflechtung der Kompetenzbereiche
Die Kompetenzen werden im Unterricht nicht additiv und isoliert voneinander, sondern im Rahmen konkreter Problemstellungen und im lebensbedeutsamen, teilweise auch fächerübergreifendem Kontext angeeignet. Ihre Entwicklung wird schuljahrgangsbezogen im Kapitel 3 dargestellt.
Abschlussniveau
Am Ende des Schuljahrganges 10 verfügen die Schülerinnen und Schüler durch die Verflechtung und gemeinsame Wirkung der vier Kompetenzbereiche über geographische Handlungskompetenz mit den in Abb. 2 beschriebenen Kompetenzen.
Kompetenz-
Bereiche
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Kompetenzen |
Erkenntnisse/
Ekenntnis-
gewinnung
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- Strukturen und Prozesse in Natur-, Lebens- und Wirtschaftsräumen sowie geographisch relevante Sachverhalten analysieren
- wechselseitiges Zusammenwirken von Geofaktoren und Mensch-Umwelt-beziehungen erklären
- geographisch relevante Informationen aus Medien sowie im Realraum gewinnen und auswerten
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Räumliche
Orientierung
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- sich in (Real-)Räumen orientieren und geographische Objekte und Sachverhalte in räumliche Orientierungsraster und Ordnungssysteme einordnen
- Karten lesen und auswerten sowie Kartenskizzen anfertigen
- Routenplaner, digitale Stadtpläne und Navigationssysteme nutzen
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Kommunikation |
geographische Sachverhalte unter Verwendung der Fachsprache und verschiedener Darstellungsformen aufbereiten, präsentieren und anderen verständlich machen
sich im Gespräch über raumbezogene Problemstellungen sach- und adressatengerecht austauschen
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Beurteilung/
Bewertung/
Handlung
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menschliches Handeln im Raum unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit bewerten, dabei verschiedene kulturelle Werte und Normen akzeptieren und tolerieren
geographische Erkenntnisse auf konkrete Lebenssituationen anwenden und sich im Raum angemessen verhalten
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Raumbezogene Handlungskompetenzen |
Abb. 2: Im Fach Geographie anzueignende Kompetenzen
1 In Anlehnung an: Deutsche Gesellschaft für Geographie: Bildungsstandards im Fach Geographie für den Mittleren Schulabschluss, 4. Aufl., Dezember 2007