Der Mensch geht zur Sicherung seiner Existenz und zur Befriedigung seiner Bedürfnisse vielfältige Beziehungen ein, die einem ständigen Wandel unterworfen sind. Dieser Wandel wird wesentlich durch tiefgreifende technische, technologische und ökonomische Entwicklungen bestimmt und führt zu veränderten Einstellungen und Werten der heranwachsenden Generationen. Mehr anzeigen »
Für die Schülerinnen und Schüler ergeben sich daher neue Anforderungen, das Spannungsfeld zwischen Arbeit, selbstbestimmter individueller Lebensgestaltung und gemeinsamer gesellschaftlicher Verantwortung zu bewältigen und zu gestalten.
Die Fächer Hauswirtschaft, Technik und Wirtschaft unterstützen mit ihrer Orientierung auf eine bedürfnisgerechte und der nachhaltigen Entwicklung verpflichteten Lebensgestaltung sowie eine aktive gesellschaftliche Teilhabe die Persönlichkeitsbildung und Mündigkeit der Jugendlichen. Sowohl durch den Gegenstand dieser Fächer als auch durch die Art und Weise seiner Betrachtung im Unterricht erkennen die Schülerinnen und Schüler das Gestaltbare an Lebenssituationen und Handlungsmöglichkeiten.
Mit der Befähigung zum verantwortlichen Handeln und Entscheiden insbesondere in arbeitsrelevanten Lebenssituationen leisten die Fächer gemeinsam auch einen wesentlichen Beitrag zur Berufswahlvorbereitung. Zugleich ist die auf reale (gegenständliche) Ergebnisse gerichtete Orientierung der Unterrichtsgestaltung geeignet, die Persönlichkeit der Schülerinnen und Schüler zu stärken, Selbstvertrauen und eine gewisse Frusttoleranz zu entwickeln, die sich positiv auf ihre Lernhaltung insgesamt auswirken können.
Kompetenzmodell
Davon ausgehend kann die in den Fächern Hauswirtschaft, Technik und Wirtschaft erworbene Bildung durch ein gemeinsames Kompetenzmodell beschrieben werden:

Die im Technikunterricht angestrebte Bildung kann durch Konkretisierung der einzelnen Kompetenzbereiche der Fächergruppe in folgender Weise beschrieben werden:
Kompetenzbereiche
Verstehen |
Zielorientierung und Funktionen, Begriffe, Strukturen sowie Prinzipien der Technik kennen, verstehen und anwenden
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Gestalten |
technische Lösungen planen, entwerfen, fertigen, optimieren, prüfen und testen
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Nutzen |
technische Lösungen auswählen, fach- und sicherheitsgerecht anwenden und entsorgen
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Bewerten |
Technik unter historischer, wirtschaftlicher, sozialer, humaner sowie ästhetischer Perspektive bewerten
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Kommunizieren |
technikrelevante Informationen sach-, fach- und adressatengerecht erschließen, darstellen und austauschen
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Kompetenzen dieser Bereiche befähigen die Schülerinnen und Schüler in solchen Situationen erfolgreich zu handeln, die eine besondere Bedeutung für ihre Lebenswelt und Lebensgestaltung haben. Die Herausbildung dieser Kompetenzen wird durch die Berücksichtigung folgender Handlungsfelder (Kontexte) bei der Planung von Unterricht unterstützt:
- Arbeit und Produktion
- Bauen und Wohnen
- Transport und Verkehr
- Versorgung und Entsorgung
- Information und Kommunikation
- Haushalt und Freizeit
Die fünf Kompetenzbereiche werden im Folgenden genauer charakterisiert. Mit dieser getrennten Darstellung ist beabsichtigt, die einzelnen Teilkompetenzen - auch in ihrer Bedeutung - genauer zu kennzeichnen. Im Lernprozess werden diese Kompetenzen immer gemeinsam und in Kontexten erworben. Sowohl die beschriebenen Kompetenzen am Ende des Schuljahrgangs 10 als auch die in den einzelnen Kompetenzschwerpunkten beschriebenen Teilkompetenzen charakterisieren ein Mindestniveau, das von allen Schülerinnen und Schülern zum erfolgreichen Weiterlernen und zur Lebensbewältigung erreicht werden sollte.
Kompetenzbereich Verstehen
Das Verständnis der nahezu unüberschaubaren und sich ständig verändernden Vielfalt der uns umgebenden Technik erfordert die Kenntnis von Ordnungskriterien und Merkmalen der Technik. Diese dienen dazu, bisher nicht bekannte technische Sachsysteme und Prozesse zu verstehen, einzuordnen und zu bewerten. Erst damit wird die sachkundige gestalterische Teilhabe an gesellschaftlichen Entwicklungsprozessen möglich, die auch durch die Technikentwicklung beeinflusst werden.
Um Technik umfassend verstehen zu können, ist der Blick über die ingenieurwissenschaftliche Sicht hinaus erforderlich. Technik ist ein von Menschen geschaffener künstlicher Bereich der Wirklichkeit, der konkrete menschliche Bedürfnisse und damit jeweils einen bestimmten Zweck erfüllt. Dabei treten Wirkungen auf, deren Kenntnis für den Gebrauch und die Entwicklung von Technik bedeutsam sind.
Wesentliche Ordnungskriterien und Merkmale zur Beschreibung von Technik sind:
Ordnungskriterien |
Merkmale |
Zweck |
individuelle, gesellschaftliche, ökologische, ökonomische Bedürfnisbefriedigung |
Bedingung |
Naturgesetze, sozialkulturelle Werte |
Gegenstände |
Stoff, Energie, Information |
Funktionen und Prozesse |
Formung, Wandlung, Transport, Speicherung, Schutz, Erhaltung |
Systeme |
Strukturen, Elemente, Relationen |
Prinzipien |
Organisation, Planung, Entwicklung, Innovation |
Wirkungen |
Individuum, Gesellschaft, Natur |
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- Einflussfaktoren auf die Technikentwicklung erläutern,
- technische Sachsysteme und Prozesse nach Stoffumsatz, Energieumsatz oder Informationsumsatz beschreiben und analysieren sowie wesentliche Elemente, Strukturen und Relationen erklären,
- wichtige Organisations- und Planungsprinzipien beschreiben,
- den Zusammenhang von Technikentwicklung und Veränderungen der Berufs- und Arbeitswelt erläutern und Schlussfolgerungen für die individuelle Berufs- und Lebensplanung ableiten.
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Kompetenzbereich Gestalten
Im Mittelpunkt dieses Kompetenzbereiches stehen die Methoden zur Problemlösung sowie Handlungsweisen, wie sie im Bereich der Konstruktion und der Herstellung für die Technik typisch sind. Bei der Gestaltung von Technik ist in vielerlei Hinsicht im Konstruktions- und Herstellungsprozess die Kreativität des Handelnden gefordert. Dabei spielen die Denk- und Handlungsweisen in der Technik bei der Realisierung des gestellten Zieles eine bedeutende Rolle.
In privaten, beruflichen und gesellschaftlichen Bereichen treten Probleme auf, die mit technischen Mitteln lösbar sind, für die der Einzelne aber noch keine Lösung kennt. Lassen sich fertige Lösungen nicht finden oder übertragen, müssen eigene Lösungen entwickelt und dargestellt sowie entsprechend der aufgestellten Kriterien, wie z. B. Kosten, Sicherheit, Umweltverträglichkeit, Aussehen, bewertet werden.
Für die Realisierung der entworfenen Lösung sind technologische Varianten zu prüfen und auszuwählen, und zwar unter Beachtung der Zweck-Mittel-Relation, der Materialbe- und -verarbeitungseigenschaften, der verfügbaren Technik sowie des eigenen Könnens und Wollens. Dabei muss die Herstellung der technischen Lösung sach- und
sicherheitsgerecht erfolgen.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- ein einfaches technisches Sachsystem unter Anleitung planen und fertigen,
- Methoden der Problemerkennung und der Problemlösung auf unterschiedliche Zusammenhänge übertragen,
- eine technische Lösung konstruieren, fertigen, optimieren und dokumentieren,
- Materialien zweckdienlich auswählen und anwenden,
- Werkzeuge, Geräte und Maschinen sicher und fachgerecht bedienen,
- den Computer als universelles Werkzeug für Konstruktion, Planung und Steuerung einsetzen.
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Kompetenzbereich Nutzen
Nicht jeder Mensch ist mit der Konstruktion und Herstellung von Technikbefasst, aber alle Menschen verwenden Technik zur Existenzsicherung und zur Befriedigung ihrer Bedürfnisse. Dabei ist jeder Mensch in seinem privaten, beruflichen und öffentlichen Umfeld regelmäßig als Käufer, Benutzer und Folgebetroffener mit Technik konfrontiert: mit ihrer zweckgerichteten Auswahl, mit ihrer Nutzung, mit der Lösung dabei entstehender Probleme sowie mit der Bewertung technischer Entwicklungen.
Die Fähigkeit, Technik zweckentsprechend, effizient und verantwortlich zu nutzen, stellt eine wesentliche Bedingung für die erfolgreiche Bewältigung und Mitgestaltung der materiellen, sozialen, kulturellen und politisch bestimmten Lebenssituationen dar. Zu den grundlegenden Fähigkeiten dieses Bereichs zählen: das Auswählen, Inbetriebnehmen, Gebrauchen, Pflegen, Warten, Fehlersuchen, Außerbetriebnehmen, Entsorgen.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- Produktinformationen für Kauf- und Nutzungsentscheidungen selbstständig auswählen,
- die Gebrauchseigenschaften eines technischen Gerätes analysieren und beurteilen,
- ein technisches Sachsystem mithilfe der Gebrauchsanleitung in Betrieb nehmen, gebrauchen und warten,
- Entsorgungsmöglichkeiten technischer Geräte nennen,
- notwendige Maßnahmen zur Unfallverhütung und zum Gesundheitsschutz bei der Bedienung von Werkzeugen, Geräten und Maschinen anwenden.
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Kompetenzbereich Bewerten
Technisches Handeln ist immer Handeln im Zielkonflikt. Zielkonflikte treten sowohl innerhalb individuellen technischen Handelns als auch zwischen beteiligten Interessengruppen auf, z. B. Hersteller, Nutzer, Betroffene.
Technische Lösungen sind niemals endgültig, sondern spiegeln Möglichkeiten wider, die bewertet und entschieden werden müssen. Bei allen technischen Handlungen finden daher Bewertungsprozesse statt. Bewertungen vollziehen sich immer im Spannungsfeld zwischen
- dem objektiv Möglichen und dem subjektiv Gewollten,
- dem technisch Machbaren und dem wirtschaftlich Vertretbaren,
- dem ökologisch Notwendigen und dem sozial Gewünschten
sowie mit Überlegungen zur Zweck-Mittel-Relation.
Das Bewerten basiert daher nicht allein auf technischen, sondern in gleichem Maße auf ökologischen, ökonomischen, ergonomischen und ethischen Kriterien. Deren Anwendung kann in spezifischen Bewertungsmethoden wie Energiebilanz, Bewertungsmatrix, Produktlinienanalyse und Ökobilanz erfolgen.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- den Zielkonflikt im technischen Handeln bei sich selbst und bei anderen erkennen und Konsequenzen daraus beurteilen,
- ambivalente Auswirkungen von Großtechnologien und Alltagstechnik analysieren, Handlungsspielräume auswerten und begründet Stellung beziehen,
- vorgegebene Bewertungen von Technik und deren Kriterien nachvollziehen,
- Technik mit geeigneten Methoden beurteilen.
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Kompetenzbereich Kommunizieren
Technisches Handeln erfordert vielfältige Entscheidungen, die eine Kommunikation der Handelnden untereinander und mit anderen voraussetzen. Technikspezifische kommunikative Kompetenzen befähigen dazu, fachsprachliche, grafische und multimediale Informationen und Darstellungen zu technischen Zusammenhängen zu beschaffen, zu verstehen, zu analysieren, zu erstellen, aufzubereiten und zu präsentieren.
Die Technik in ihrer globalen Bedeutung ist auf international standardisierte Kommunikationsformen angewiesen. Dem kompetenten Gebrauch international standardisierter Kommunikationsformen kommt in einer zunehmend global vernetzten technischen Kultur wachsende Bedeutung zu.
Kommunikation verlangt die Bereitschaft und die Fähigkeit, eigenes Wissen, eigene Ideen und Vorstellungen in die Diskussion einzubringen und den Kommunikationspartnern mit Toleranz zu begegnen. Die Fähigkeit zu kommunizieren drückt sich auch darin aus, die Argumente des Kommunikationspartners aufzunehmen, sachlich kritisch zu reflektieren und gegebenenfalls eigene Standpunkte zu korrigieren.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- gezielt Informationen aus verschiedenen Quellen recherchieren, auswählen, strukturieren, dokumentieren und bewerten,
- technikbezogene Texte sowie Zeichnungen, Skizzen, Diagramme und Pläne lesen und interpretieren,
- Begriffe der technischen Fachsprache sowie gängige Normen und Symbole verstehen, zuordnen und anwenden,
- technische Ideen und Lösungen sachlich offen, situations- und adressatengerecht diskutieren,
- Ideen und Lösungsvorschläge zu technischen Sachverhalten in Skizzen, Zeichnungen und Diagrammen regelgerecht dokumentieren.
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