Im Schulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt wird mit dem Erziehungs- und Bildungsauftrag verbindlich festgelegt, welche grundlegenden und unverzichtbaren Werte vermittelt und welche Einstellungen während der Schulzeit entwickelt werden sollen. Die Grundschule als Ganzes sowie die in ihr unterrichteten Fächer haben in diesem Rahmen den Auftrag, alle Schülerinnen und Schüler in einem gemeinsamen Bildungsgang auf der Grundlage folgender Leitideen zu bilden und zu erziehen. Mehr anzeigen »
2.1 Erziehung und Bildung in der Grundschule
Leitidee: Soziales Lernen
Die Grundschule ist ein Lebens- und Erfahrungsraum, der das Denken und Handeln der Schülerinnen und Schüler wesentlich beeinflusst. Im täglichen Miteinander bekommen diese Gelegenheit, sich selbst zu entfalten und neue Möglichkeiten des Umgangs miteinander zu erfahren und zu erproben. Ziel ist die Erziehung zu partnerschaftlichem Verhalten ohne rollenstereotype Prägung. Soziale Lernprozesse werden initiiert und unverzichtbare Werte menschlichen Zusammenlebens erfahrbar gemacht. Soziale Verhaltensweisen wie Rücksichtnahme, Verantwortungsbereitschaft, Solidarität, Toleranz, und die Bereitschaft, Konflikte zu verarbeiten und friedlich zu lösen, sind zu fördern. Die Schülerinnen und Schüler werden auf ein Leben in einer demokratischen Gesellschaft vorbereitet, indem sie grundlegende demokratische Rechte und Pflichten kennen lernen und diese altersgemäß wahrnehmen.
Leitidee: Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft und im Umgang mit der Natur
In der Grundschule sollen die Schülerinnen und Schüler kindgemäß die Fähigkeit und die Bereitschaft entwickeln, im Rahmen ihrer Erfahrungen und Möglichkeiten verantwortungsbewusst am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Indem ihre unmittelbare Umgebung zum Lernort wird und sie Schönes und Wertvolles darin sinnlich erleben, entwickeln sie Wertschätzung für die Natur sowie für die Errungenschaften der Zivilisation und Kultur. Durch Einblicke in Zusammenhänge zwischen Natur und Gesellschaft wächst die Sensibilität für Probleme und Gefährdungen in ihrer Umwelt und somit die Bereitschaft, diese zu schützen.
Die aktive Teilhabe am gesellschaftlichen Leben setzt körperliches, geistiges, seelisches und soziales Wohlbefinden voraus. Deshalb soll der schulische Alltag so gestaltet werden, dass die Gesundheitserziehung einen wesentlichen Stellenwert einnimmt.
Leitidee: Zusammenarbeit mit Eltern und gesellschaftlichen Institutionen
Erfolgreiche Erziehungs- und Bildungsarbeit setzt die intensive und konstruktive Kooperation mit den Müttern und Vätern voraus. Die Eltern sind über wesentliche Anliegen und Ziele der Schule, den erreichten Stand der Entwicklung des Lern- und Sozialverhaltens zu informieren und in die schulische Arbeit einzubeziehen.
Die Kooperation mit Vorschuleinrichtungen ist für die Gestaltung der Schuleingangsphase von besonderer Bedeutung. Darüber hinaus sind Möglichkeiten zur Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen, Beratungsdiensten, Wirtschaftsverbänden und Unternehmen für die Unterrichts- und Schulentwicklung zu nutzen.
Leitidee: Leben, Lernen und Handeln in der digitalen Welt
In der Grundschule werden die Kinder auf das Leben, Lernen und Handeln in der digitalen Welt vorbereitet, indem sie Medien sachgerecht und produktiv zunehmend selbstständig nutzen. Sie lernen, sich Informationen zu erschließen, eigene Medienbeiträge zu gestalten und zu präsentieren, Möglichkeiten der digitalen Kommunikation anzuwenden sowie die Wirkung von Medien und Medienprodukten zu verstehen, zu bewerten und zunehmend kritisch zu reflektieren.
Individuelle und kooperative Lernprozesse sollen durch einen sachgerechten, kreativen und zunehmend eigenständigen Umgang mit digitalen Medien und Werkzeugen unterstützt werden. Dabei sind die Schülerinnen und Schüler besonders für den Schutz ihrer Persönlichkeitsrechte und den Datenschutz zu sensibilisieren.
2.2 Gestaltung der Grundschule
Leitidee: Grundschule als Lernort, Lebens- und Erfahrungsraum
Die Grundschule soll ein Lernort sein, der Geborgenheit und Lebensfreude vermittelt. In einer Atmosphäre der Anerkennung und des Vertrauens ermutigt eigenes Können zur Leistung und fördert diese. Sie ist eine Schule des entdeckenden Lernens und handelnden Begreifens, in der eigene Lernanstrengungen und Lernerfolge in angemessener Zeit und Umgebung ermöglicht und reflektiert werden.
Die Entwicklung dauerhafter zwischenmenschlicher Beziehungen wird durch die Berücksichtigung des psychischen und physischen Wohlbefindens der Lernenden sichergestellt. Bei Anerkennung kindlicher Bedürfnisse nach sozialer Konstanz und emotionaler Sicherheit sollen die Schülerinnen und Schüler in der Entwicklung ihrer schulischen Identität und eines positiven Selbstkonzeptes gefördert werden. Eine hohe Qualität der Gestaltung des Schullebens und der Unterrichtsangebote, die altersgerechte Rhythmisierung des Schulalltages sowie die positive Einstellung aller an Erziehung und Bildung Beteiligten sind wesentliche Aspekte, die eine gute Grundschule prägen. Die Schülerinnen und Schüler wirken an der Gestaltung des Schullebens mit.
Leitidee: Heterogenität als Chance und Herausforderung
In der Grundschule als integrativer Schulform lernen Mädchen und Jungen unterschiedlicher kultureller, sprachlicher, religiöser und sozialer Herkunft mit differenzierten Lernvoraussetzungen in einer Lerngruppe gemeinsam.
Diese Vielfalt ist als Chance zu begreifen und als Herausforderung zu verstehen, damit durch individuelle Förderung optimale Lernergebnisse erreicht werden können.
Die Grundschule leistet einen Beitrag zur Chancengleichheit, indem das interkulturelle sowie integrative Lernen auf der Basis gegenseitiger Akzeptanz und Wertschätzung eine hohe Bedeutung erlangt.
Leitidee: Individuelle Förderung
Um geeignete Fördermaßnahmen einleiten zu können, sind individuelle Lernfortschritte sowie Schwierigkeiten bei der Bewältigung von Aufgaben kontinuierlich zu beobachten und zu analysieren. Die Berücksichtigung der Lernvoraussetzungen, Lerngeschwindigkeiten und Lernleistungen der Schülerinnen und Schüler setzt differenzierten und individualisierenden Unterricht sowie eine Vielfalt geeigneter Unterrichtsmethoden voraus.
Besondere Begabungen und Interessen verlangen vielfältige Anreize und Lernsituationen, um die Voraussetzungen zu deren Weiterentwicklung zu schaffen. Eine gleichberechtigte Förderung von Mädchen und Jungen berücksichtigt geschlechtsspezifische Voraussetzungen und ermutigt zur Herausbildung neuer Interessen ohne geschlechtsrollenstereotype Prägungen.
Beständige und zielbewusste Prävention von Lernschwierigkeiten sowie Unterstützung und Hilfe bei drohendem Lernversagen ist erforderlich, um negative Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung zu vermeiden. Die sonderpädagogische Förderung in der Grundschule erfolgt im gemeinsamen Unterricht im Klassenverband und in Zusammenarbeit mit Förderschulen.
2.3 Anforderungen an grundschulgemäßes Lehren und Lernen
Leitidee: Aktives und individualisiertes Lernen
Das grundschulgemäße Lernen vollzieht sich im Prozess aktiver Auseinandersetzung mit Inhalten, die für die Lernenden bedeutsam sind.
Lernprozesse müssen alle Sinne ansprechen, die Aufgeschlossenheit und die kindliche Neugier fördern, Ideenreichtum entwickeln und Gelegenheit bieten, selbst Erfahrungen zu sammeln. In vielfältigen Anforderungssituationen individuellen und gemeinsamen Lernens sollen die Schülerinnen und Schüler die eigene Lernfähigkeit entwickeln, Lernfreude und Leistungsbereitschaft herausbilden und verstärken. Die unterschiedlichen individuellen und geschlechtstypischen Lernvoraussetzungen bedingen adäquate Formen der Differenzierung, um ein anwendungsbereites Grundwissen zu vermitteln und den Kompetenzerwerb zu fördern.
Leitidee: Kumulatives Lernen
Das Lernen in der Grundschule knüpft an Vorerfahrungen und die unmittelbare Lebenswelt an, entwickelt die Leistungs- und Lernfähigkeit weiter und schafft die erforderlichen Voraussetzungen für ein erfolgreiches Arbeiten in weiterführenden Schulen.
Der Unterricht muss so aufgebaut und durchgeführt werden, dass fortschreitendes Lernen ermöglicht wird. Dies schließt ein, dass den Lernenden der aufbauende Charakter deutlich wird und dass Wissenselemente miteinander verknüpft werden. Das kumulative Lernen vollzieht sich innerhalb eines jeden Faches, durch abgestimmten Unterricht in verschiedenen Fächern sowie in fächerverbindenden Unterrichtsphasen bis zum fächerübergreifenden Unterricht zu komplexen Themen. Aufgaben zur Übung, Wiederholung und Anwendung sind kontinuierlich in den aktuellen Unterricht zu integrieren, um dauerhaftes und flexibel anwendbares Wissen herauszubilden und somit die Grundlagen der Kompetenzentwicklung zu sichern.
Leitidee: Professionelles Handeln der Lehrkräfte
Lehrkräfte an Grundschulen gestalten mit pädagogischer Professionalität den Lern- und Erziehungsprozess. Sie führen die Schülerinnen und Schüler zum selbstständigen Lernen, indem sie verschiedene Lehrstrategien und ein breites Methodenrepertoire anwenden. Durch Erweiterung des Gestaltungs- und Handlungsrahmens der Einzelschule verändern sich die Anforderungen an die einzelne Lehrkraft und an das gesamte Kollegium. Über den fachlichen Rahmen hinaus muss intensiv an der Weiterentwicklung der Unterrichtsqualität, der Kooperation zwischen Lehrkräften und der Schulkultur insgesamt gearbeitet werden. Dies setzt die ständige Qualifizierung der Lehrkräfte in pädagogischer und fachlicher Hinsicht unter Berücksichtigung von Genderaspekten voraus.
2.3 Leistungsanforderungen und Leistungsbewertung
Leitidee: Pädagogisches Leistungsverständnis
Eine wesentliche Aufgabe der Grundschule ist es, Schülerinnen und Schüler zur Bewältigung schulischer Lern- und Leistungsanforderungen zu befähigen und an den produktiven Umgang mit der eigenen Leistungsfähigkeit heranzuführen.
Das im Lehrplan zu Grunde gelegte Verständnis von Leistung umfasst:
- den Grundsatz der Ermutigung zum Lernen,
- die Orientierung an objektiven Leistungserwartungen,
- die Berücksichtigung des individuellen Lern- und Entwicklungsprozesses,
- die Berücksichtigung der sozio-emotionalen Dimension des Lernens,
- die Öffnung einer Perspektive für die weitere Entwicklung.
Leitidee: Leistungserziehung
In der Grundschule müssen Leistungen ermöglicht, gefordert und gefördert werden. Deshalb sind Leistungserziehung, -messung und -bewertung integrative Bestandteile des erziehenden Unterrichts. Die Schülerinnen und Schüler sollen den Zusammenhang von Anstrengung und Erfolg kennen lernen, die Erfahrung des eigenen Könnens machen und an differenziert gestalteten Aufgaben ihre Kräfte entwickeln und nutzen.
Die Grundschule verfolgt das Ziel, die Motivation zu entwickeln, zu erhalten und zu stärken, das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten zu steigern und schrittweise zur Einschätzung des eigenen Leistungsvermögens zu führen.
Leitidee: Leistungsbeurteilung
Die Leistungsbeurteilung einschließlich der Leistungsbewertung setzt die Lernentwicklung in Beziehung zu den Kompetenzerwartungen der Lehrpläne. Rückmeldungen über die konkreten Leistungsanforderungen und den aktuell erreichten Leistungsstand sind während des gesamten Lernprozesses als Orientierung für die Schülerinnen und Schüler, die Eltern sowie die unterrichtenden Lehrkräfte bedeutsam. Die Beurteilung von Leistungen orientiert sich sowohl an den Ergebnissen als auch am Lernprozess selbst. Sie hebt Stärken hervor, beschreibt Fortschritte und betont Erfolge. Unabhängig von der Beurteilungsform ist es notwendig, sowohl die individuelle Lern- und Leistungsentwicklung als auch das Arbeits- und Sozialverhalten kontinuierlich, möglichst differenziert und geschlechtersensibel zu beobachten sowie umfassend einzuschätzen.
Die Schülerinnen und Schüler erleben in der Schule Erfolge und Misserfolge. Der konstruktive Umgang mit Fortschritten und Fehlern erfordert die Analyse der Leistungen, die Aufklärung der Ursachen und die Einbeziehung der Erkenntnisse in den weiteren Lernprozess.
Die Leistungsbewertung berücksichtigt alle Facetten der Kompetenzentwicklung. Es fließen alle von der einzelnen Schülerin oder dem einzelnen Schüler in Zusammenhang mit dem fachlichen Unterricht erbrachten Leistungen ein.