Das Kompetenzmodell gewinnt sein fachdidaktisches Profil aus der christlichen Glaubenswirklichkeit, wie sie in der Kirche bekenntnisgebunden überliefert und gelebt wird. Es begleitet den religiösen Weg der Schülerinnen und Schüler, indem es kognitive und affektive Auseinandersetzungen mit dem katholischen Glaubensverständnis in seinen Zeugnissen, Vollzügen und Wirkungen ermöglicht. Der Lehrplan schließt an die in der Grundschule angebahnten prozessbezogenen Kompetenzen an und fördert die religiöse Wahrnehmungs-, Deutungs-, Urteils- und Gestaltungskompetenz. Von der Grundschule her sind die Schülerinnen und Schüler mit folgenden Kompetenzbereichen vertraut: Sinnangebote und Orientierungshilfen, christliche Traditionen, Arbeiten mit der Bibel, Erschließen biblischer Texte, Christliche Ethik, religiöse Sprache und Symbole.
Mit dem Erwerb des mittleren Schulabschlusses sollen die Schülerinnen und Schüler über die nachfolgend genannten allgemeinen Kompetenzen verfügen. Diese Kompetenzbereiche werden immer im Verbund erworben 3 .
Religiöse Kompetenzen |
Wahrnehmung und Darstellung |
Deutung |
Beurteilung |
Kommunikation und Dialog |
Gestaltung |
Grundlegende Wissensbestände |
Abb.1: Kompetenzmodell für den Katholischen Religionsunterricht
Wahrnehmung und Darstellung |
Der Kompetenzbereich Wahrnehmung und Darstellung zielt auf die religiöse Sensibilität ab. Religiös bedeutsame Phänomene sollen als solche identifiziert und dargestellt werden können. Darstellen beschränkt sich nicht allein auf das sprachliche Beschreiben, sondern umfasst auch den non-verbalen Ausdruck in seinen verschiedenen Facetten.
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Deutung |
Der Kompetenzbereich Deutung zielt auf die hermeneutischen Grunddimensionen der Kognition ab: Religiös bedeutsame Sprache und Glaubenszeugnisse sollen verstanden und gedeutet werden. Verstehen und Deuten bezieht sich auf religiöse Inhaltlichkeit als Verfügung über Wissen und bereichsspezifische Orientierungs- und Deutungsmuster.
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Beurteilung |
Der Kompetenzbereich Beurteilung zielt auf das Erlangen einer eigenen begründeten Position zu religiösen Inhalten ab. Religiöse Argumente werden beurteilt und angewandt.
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Kommunikation und Dialog |
Der Kompetenzbereich Kommunikation und Dialog zielt auf die Sprach-, Interaktions- und Dialogfähigkeit der Schülerinnen und Schüler. Dem entspricht eine prinzipiell dialogisch angelegte Unterrichtskultur.
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Gestaltung |
Der Kompetenzbereich Gestaltung zielt auf den kreativen und handlungsorientierten Umgang mit den Inhalten religiöser Bildung. Darüber hinaus geht es um das Bedenken von Mitwirkungsmöglichkeiten und Engagement in Kirche und Gesellschaft. Das religiöse Ausdrucksverhalten wird durch die probeweise Übernahme religiöser Rollen und Handlungsmöglichkeiten gefördert.
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Verflechtung der Kompetenzbereiche |
Die genannten Kompetenzen entwickeln sich anhand konkreter Problemstellungen, die aus lebensnahen Zusammenhängen der Schülerinnen und Schüler stammen. Ihre Entwicklung wird schuljahrgangs- und abschlussbezogen in Kapitel 3 dargestellt. Bis zum Ende des Katholischen Religionsunterrichts der Sekundarstufe I haben die Schülerinnen und Schüler durch die Verflechtung der fünf Kompetenzbereiche Religiöse Kompetenz erworben. Die
Kompetenzbereiche sind nicht überschneidungsfrei, sondern sollen im unterrichtlichen Vollzug kontinuierlich vernetzt werden.
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Kompetenzbereiche und Unterrichts-gestaltung |
Weder Kompetenzbereiche noch -schwerpunkte stellen Unterrichtseinheiten dar. Diese werden in Abhängigkeit von den anthropogenen und soziokulturellen Unterrichtsvoraussetzungen von den Lehrkräften eigenverantwortlich konzipiert. Es ist sachgemäß, aus Teilaspekten der Kompetenzschwerpunkte Unterrichtseinheiten zu generieren.
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Kompetenz-bereiche |
Kompetenzen |
Wahrnehmung und Darstellung |
religiös bedeutsame Phänomene und religiöses Wissen wahrnehmen und darstellen
- religiöse Zeichen und Symbole erkennen und ihre Bedeutungen benennen
- religiöse Verhaltensweisen (Gebetsgesten, Rituale, Liturgie) erkennen und deuten
- religiöse Räume (Kirche, Kloster, Synagoge, Moschee) erkennen und deuten
- Informationen zu einem religiösen Thema finden und geordnet zusammenstellen
- einen Sachverhalt gedanklich strukturiert und sprachlich angemessen darstellen
- unterschiedliche Darstellungs- und Präsentationsverfahren (z. B. Kurzvortrag, schriftliche Zusammenfassung, grafische und szenische Formen) verwenden
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Deutung |
religiös bedeutsame Sprache und Zeugnisse verstehen und deuten
- religiöse Sprachformen (Metaphern, Symbole, Analogien) erkennen und deuten
- religiöse Sprachformen sachgemäß verwenden
- zentrale theologische Fachbegriffe verwenden und erläutern
- zentrale Aussagen eines Textes erschließen
- Deutungen eines Textes entwickeln und am Text belegen
- wichtige Textgattungen der Bibel und der christlichen Tradition unterscheiden
- künstlerische Zeugnisse (z. B. Kirchenbau) kennen und deuten
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Beurteilung |
in religiösen und ethischen Fragen begründet urteilen
- sich religiöse Fragen stellen (z. B. Fragen nach dem Sinn des Lebens, nach der Existenz Gottes, nach dem Leben nach dem Tod)
- Gründe für das eigene Urteil angeben
- Gründe gegeneinander abwägen
- einen eigenen Standpunkt einnehmen
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Kommunikation und Dialog |
am religiösen Dialog argumentierend teilnehmen
- den eigenen Standpunkt verständlich darstellen
- fremde religiöse Überzeugungen verstehen
- Gemeinsamkeiten und Unterschiede von religiösen Überzeugungen erkennen und benennen
- religiöse Vorurteile erkennen und kritisch reflektieren
- bereit sein, mit anderen über religiöse Themen zu sprechen
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Gestaltung |
religiös bedeutsame Ausdrucks- und Gestaltungsformen reflektiert verwenden
- moralische Herausforderungen erkennen und annehmen
- bereit sein, der eigenen religiösen und moralischen Einsicht entsprechend zu handeln
- eine eigene Spiritualität entwickeln
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Religiöse Kompetenz, über die Schülerinnen und Schüler am Ende des 10. Schuljahrgangs verfügen sollen
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Abb. 2: Im Fach Katholischer Religionsunterricht zu entwickelnde Kompetenzen
3 Kirchliche Richtlinien zu Bildungsstandards für den Katholischen Religionsunterricht in den Jahrgangsstufen 5–10/Sekundarstufe I (Mittlerer Schulabschluss). Die deutschen Bischöfe Nr. 78, Hrsg.: Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz. Bonn 2004, S. 13.