Ein solides naturwissenschaftliches Grundwissen ermöglicht Schülerinnen und Schülern in weiterführenden Bildungsgängen, ihr erworbenes Wissen fachspezifisch zu vertiefen und in gesellschaftliche Zusammenhänge einzuordnen. Die Entwicklung von vergleichbaren Kompetenzen in den Fächern Biologie, Chemie und Physik erleichtert eine interdisziplinäre Vernetzung.
Die Schülerinnen und Schüler erwerben in der Sekundarstufe I naturwissenschaftliche Kompetenzen im Allgemeinen sowie biologische, chemische und physikalische Kompetenzen im Besonderen (vgl. Abb. 1). Mehr anzeigen »
Kompetenzbereiche
In den naturwissenschaftlichen Fächern werden die Kompetenzbereiche Fachwissen anwenden, Erkenntnisse gewinnen, Kommunizieren und Bewerten unterschieden.
Da sich diese Bereiche durchdringen, können inhaltliche und handlungsorientierte Kompetenzen nur gemeinsam entwickelt werden. Die angestrebte naturwissenschaftliche Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler muss somit durch eine komplexe Entwicklung aller Kompetenzbereiche erfolgen. Kompetenzen in diesen vier Bereichen helfen den Lernenden, die natürliche und kulturelle Welt zu verstehen und zu erklären.
Kompetenzmodell

Abb. 1: Kompetenzmodell der Fächer: Astronomie, Biologie, Chemie und Physik
Im Folgenden werden die Kompetenzbereiche für das Fach Biologie erläutert und, ausgehend von den Bildungsstandards, die bis zum Ende des Biologieunterrichts der Sekundarstufe I von Schülerinnen und Schülern in der Regel zu erwerbenden Kompetenzen dargestellt.
Kompetenzbereich Fachwissen anwenden
Die Schülerinnen und Schüler erwerben Kompetenzen in der Auseinandersetzung mit vielfältigen fachlichen Fragestellungen und Inhalten.
Die Breite der Naturwissenschaft Biologie, ihr Wissensstand und ihre Dynamik erfordern für den Biologieunterricht eine Reduzierung auf das Wesentliche und ein exemplarisches Vorgehen. Entsprechend der Erfahrungs- und Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler, der regionalen Gegebenheiten sowie des bestehenden Schulprogramms liegt es in der Verantwortung jeder Lehrkraft, im Rahmen des Fachbereiches die Inhalte adressatengerecht auszuwählen, zu modifizieren und umzusetzen.
Schülerinnen und Schüler erwerben Wissen und entwickeln Kompetenzen mit der Orientierung auf die miteinander vernetzten Basiskonzepte. Diese dienen der Strukturierung sowie der Systembildung und helfen, Grundlagen für das
Verständnis von Zusammenhängen zu legen. Neue Phänomene können mithilfe der Basiskonzepte analysiert, geordnet und mit bereits bekannten Sachverhalten verknüpft werden.
Basiskonzepte
Das Basiskonzept System spiegelt die Biologie als Wissenschaft von den Biosystemen wider. Zu den Biosystemen gehören die Zelle, der Organismus, die Organismengruppe, das Ökosystem und die Biosphäre. Sie enthalten weitere Systemelemente. Wenn Teile von Biosystemen geordnet zusammenwirken, ergeben sich spezifische Eigenschaften. Die Schülerinnen und Schüler erfassen biologische Phänomene als Systeme, können sie verschiedenen Systemebenen zuordnen und zwischen den Systemebenen wechseln.
Das Basiskonzept Struktur und Funktion beschreibt lebende Systeme als strukturelle und funktionelle Einheit. Die Schülerinnen und Schüler erfassen, ordnen und erkennen Strukturen als Grundlage für das Verständnis der Funktion und Veränderung von Biosystemen.
Das Basiskonzept Entwicklung beinhaltet sowohl die Individualentwicklung als auch die evolutionäre Entwicklung lebender Systeme. Schülerinnen und Schüler erwerben Wissen zu Ursachen und Abläufen der Entwicklungen.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- Zellen als System verstehen,
- Organismen, Organismengruppen, Ökosystem und Biosphäre als System erklären und zwischen den Systemebenen wechseln,
- einen Stoffkreislauf sowie den Energiefluss in einem Ökosystem darstellen,
- Wechselwirkungen im Organismus, zwischen Organismen sowie zwischen Organismen und unbelebter Materie beschreiben und erklären,
- Wechselwirkungen zwischen Biosphäre und den anderen Erdsphären beschreiben,
- grundlegende Kriterien nachhaltiger Entwicklung bewerten,
- Zellen als strukturelle und funktionelle Grundbaueinheiten von Organismen beschreiben sowie bakterielle, pflanzliche und tierische Zellen in Struktur und Funktion vergleichen,
- strukturelle und funktionelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Organismen und Organismengruppen darstellen,
- Struktur und Funktion von Organen und Organsystemen beschreiben und erklären,
- strukturelle und funktionelle Organisation im Ökosystem beschreiben,
- Angepasstheit ausgewählter Organismen an ihre Umwelt erklären,
- Bedeutung der Zellteilung für Wachstum, Fortpflanzung und Vermehrung erläutern,
- artspezifische Individualentwicklung von Organismen sowie verschiedene Formen der Fortpflanzung beschreiben,
- ein Ökosystem in zeitlicher Veränderung beschreiben,
- an ausgewählten Organismen Verlauf und Ursachen der Evolution beschreiben sowie die Variabilität von Organismen erklären,
- stammesgeschichtliche Verwandtschaft von Organismen beschreiben und erklären,
- Eingriffe des Menschen in die Natur und Kriterien für solche Entscheidungen erörtern.
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Kompetenzbereich Erkenntnisse gewinnen
Das Fach Biologie nutzt die Beobachtung, den Vergleich sowie das Experiment als grundlegende Erkenntnismethoden und vermittelt den Schülerinnen und Schülern reale und modellhafte Vorstellungen biologischer Systeme oder Prozesse. Dazu erwerben die Lernenden Kompetenzen bei der Anwendung fachspezifischer Arbeitstechniken wie dem Mikroskopieren, dem Herstellen von Präparaten, dem Anfertigen von Skizzen und mikroskopischen Zeichnungen, dem Bestimmen von Pflanzen und Tieren sowie dem Planen, Durchführen und Auswerten von Experimenten und der Veranschaulichung biologischer Phänomene durch einfache Modelle.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- komplexe Beobachtungen nach selbst gewählten Kriterien durchführen und dokumentieren,
- Zellen mikroskopieren und sie in einer Zeichnung darstellen,
- Baupläne, Entwicklungsabläufe und Lebensweisen im Hinblick auf die stammesgeschichtliche Entwicklung und umweltabhängige Angepasstheit vergleichen,
- Arten mit geeigneten Medien bestimmen,
- Experimente planen, durchführen und auswerten,
- Messwerte digital erfassen, speichern und abrufen sowie verschiedene grafische Darstellungen erstellen und interpretieren,
- eigenständig Hypothesen aufstellen, komplexere Experimente zielgerichtet auswählen oder variieren, durchführen und hypothesenbezogen auswerten,
- anhand von Modellen eine Hypothese erstellen sowie Modelle kritisch auf ihre Aussagekraft prüfen.
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Kompetenzbereich Kommunizieren
Die Aneignung von Kommunikationsformen ist einerseits Lerngegenstand, andererseits Mittel im Lernprozess. Dabei fördern sich die Erkenntnisgewinnung und der fachbezogene Spracherwerb gegenseitig. Der Informationsaustausch verlangt von Schülerinnen und Schülern ein ständiges Übersetzen der Alltagssprache in die Fachsprache und umgekehrt. Die Lernenden erwerben Kompetenzen im Umgang mit Informationen und Informationsträgern, um selbstständig fachliche Inhalte zu erarbeiten, eigene Positionen darzustellen, diese zu reflektieren sowie Argumente zu finden oder gegebenenfalls ihre Auffassung aufgrund der vorgetragenen Einwände zu revidieren. Die Ergebnisse werden in geeigneter Form präsentiert. Die Fähigkeit, adressatengerecht und sachbezogen unter Einbeziehung geeigneter Medien zu kommunizieren, ermöglicht Schülerinnen und Schülern die Auseinandersetzung mit der Lebenswirklichkeit und damit auch das Erfassen und Vermitteln biologischer Sachverhalte.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- in verschiedenen Sozialformen kommunizieren und argumentieren,
- eigenständig, fachlich exakt und adressatengerecht argumentieren und diskutieren,
- Daten messbarer Größen zu Systemen, Struktur und Funktion sowie Entwicklung angemessen mit sprachlichen, mathematischen oder bildlichen Gestaltungsmitteln veranschaulichen und Lösungsvorschläge begründen,
- Informationen aus verschiedenen Medien selbstständig entnehmen, verarbeiten und auswerten,
- biologische Phänomene erklären und mit Alltagsvorstellungen in Beziehung setzen,
- selbstständig Jahresarbeiten, Präsentationen, Folien und Handouts anfertigen,
- die Bedeutung von Urheberrecht und geistigem Eigentum kennen und berücksichtigen,
- Diskussionen, Foren, Teamarbeit u. a. sachkritisch durchführen.
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Kompetenzbereich Bewerten
Auf der Grundlage solider Fachkenntnisse entwickeln Schülerinnen und Schüler ein Wissensnetz, das sie befähigt, das Verhalten des Menschen gegenüber sich selbst, anderen Personen, Organismen und der Umwelt zu bewerten sowie Fremd- und Eigenurteile zu begründen und somit Denkweisen zu üben. Sie entwickeln Wertschätzung für eine intakte Natur sowie eine gesunde Lebensführung und erkennen die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung. Die gezielte Auswahl von Quellen ermöglicht den Lernenden, biologische Kenntnisse auf neue Fragestellungen zu übertragen, Probleme in realen Situationen zu erfassen, Interessenkonflikte auszumachen, mögliche Lösungen zu erwägen und deren Konsequenzen zu diskutieren. Bei der Betrachtung gesellschaftsrelevanter Themen aus unterschiedlichen Perspektiven erkennen Schülerinnen und Schüler, dass Problemlösungen von Wertesystemen abhängig sind. Sie prüfen Argumente auf ihren sachlichen und ideologischen Gehalt, treffen Entscheidungen sachgerecht, selbstbestimmt und verantwortungsbewusst.
Am Ende des Schuljahrgangs 10 können die Schülerinnen und Schüler
- biologische Sachverhalte in einem neuen Bewertungskontext erklären,
- Maßnahmen und Verhaltensweisen zur Erhaltung der eigenen Gesundheit und zur sozialen Verantwortung beurteilen,
- Fremdperspektiven entwickeln und andersartige Entscheidungen tolerieren,
- eigenständig zu biologischen Problemen der Gesellschaft und des eigenen Lebens Stellung nehmen,
- Nachhaltigkeit verschiedener Handlungsoptionen erörtern und bewerten.
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