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Obwohl Schule und Museum in ihrem Bildungsauftrag Gemeinsamkeiten aufweisen, unterscheiden sie sich in einigen Aspekten. Schulen arbeiten mit relativ homogenen Bildungsgruppen in Klassenverbänden, während Museen ein Gesamtkonzept für Besuchende verschiedener Altersgruppen, unterschiedlicher Bildung und Interessen entwickeln müssen. Schulklassen sind dabei nur eine Teilmenge der Besuchenden.
Museen stehen vor der Herausforderung, die Doppelaufgaben "Sammeln und Bewahren" sowie "Ordnen und Vermitteln" zu erfüllen. Dabei müssen konservatorische Zwänge, Sicherheitsbelange und räumliche Gegebenheiten mit schulischen Bildungsaspekten in Einklang gebracht werden. Museumsmitarbeitende befinden sich oft im Spannungsfeld zwischen Bewahrungspflicht, allgemeinen Publikumswünschen und speziellen schulischen Bildungsbedürfnissen.
Die Bildungsarbeit eines Museums basiert auf den ausgestellten Objekten, wobei Lerneffekte aus der Begegnung mit diesen Sachzeugnissen der Vergangenheit entstehen. Im Gegensatz dazu ist die schulische Bildungsarbeit, auch der Unterricht im Museum, an schulische Lehrpläne und Rahmenrichtlinien gebunden.
Museumspädagogik zielt darauf ab, Inhalte und Zusammenhänge in Museen und Ausstellungen darzustellen, zu interpretieren und zu vermitteln. Sie fungiert als Mittler zwischen Schule und Museum und erschließt Inhalte ausstellungs- und adressatenbezogen. Ziel ist es, sich dialogisch mit den musealen Sachzeugen sowie der eigenen Wahrnehmung und Interpretation auseinanderzusetzen.
Es ist daher problematisch, eine Exkursion ins Museum als Ersatz für nicht behandelten Unterrichtsstoff zu betrachten. Der starke Objektbezug schränkt zwar das inhaltliche Spektrum ein, bietet jedoch einen unvergleichlichen Wert in der kommunikativen Struktur eines Museumsbesuchs, im andersartigen Herangehen an Sachfragen sowie in den ästhetischen und emotionalen Komponenten einer Ausstellung.
Der Objektbezug ist der Dreh- und Angelpunkt der Museumspädagogik und unterscheidet sie von der schulischen Pädagogik. Kernpunkt von Museumspädagogik ist das Anknüpfen an die ausgestellten Sachzeugnisse, die in einer bestimmten ausstellungsdidaktischen Absicht miteinander arrangiert wurden. Ohne Bezug zu konkreten musealen Objekten entsteht keine Museumspädagogik. Viele Objekte besitzen Quellencharakter mit hohem Konkretheitsgrad und zeichnen sich durch Echtheit aus (Funktion, Größe, Material, Geräusche). Die Anschaulichkeit der Museumsdinge wird jedoch oft überschätzt, da sie nicht zwangsläufig zu einem besseren Verständnis führt. Voraussetzung ist, dass Betrachtende die gesehenen Dinge einordnen und Beziehungen zu den Objekten aufbauen können.
Es müssen Beziehungen zwischen Lernenden und den ausgestellten Sachzeugnissen ermöglicht werden. Dazu gehört, Neugier zu wecken (z. B. bezüglich der äußeren Gestalt, der verwendeten Materialien, besonderer funktionaler Zusammenhänge), Begegnungen mit Exponaten zu ermöglichen (z. B. um Größe oder Kleinheit, stoffliche Beschaffenheit, Strukturen feststellen zu können), unmittelbare Reaktionen hervorzurufen (z. B. Bewunderung, Befremdung, Neugier, Verlangen nach Berühren, Ausprobieren), Objekte zu befragen (z. B. nach Verwendungszweck, Formgebung, Funktion, Ausstattung) und Denkprozesse auszulösen, in deren Ergebnis Gegenstände zu „Bildern“ und Eindrücke zu Begriffen werden. Museumspädagogik beginnt oft mit der Analyse des ausgestellten Sachzeugnisses und der Aufklärung über seine Entstehungsbedingungen, um Verständnis, Bildung und Genuss zu erreichen.
Museumspädagogik sensibilisiert Museumsbesuchende für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen vergangenen und gegenwärtigen Lebenswelten. Dazu gehört, den Sinngehalt der Objekte zu erkennen und altersgerecht zu vermitteln, die Würde und Schönheit von Gegenständen zu erschließen und den materiellen und immateriellen Wert von Gegenständen nahe zu bringen. Dabei ist es oft notwendig, die zeitgenössischen Stilmittel und Ausdrucksformen in heutige Semantik zu übersetzen. Letztendlich geht es darum, die ausgestellten Gegenstände "zum Sprechen" zu bringen, abhängig von der Fähigkeit der Betrachtenden, eine Beziehung zu den Dingen herzustellen.
Der Bezug zum Lehrplan bzw. den Rahmenrichtlinien steht oft am Beginn eines Museumsbesuchs mit Schulklassen. Grundlage ist der Bildungsauftrag gemäß Schulgesetz. Schulfahrten in ein Museum sollen neben der Intensivierung der allgemeinen Bildungs- und Erziehungsarbeit auch im Unterricht behandelte Themen vertiefen, veranschaulichen und durch Aktivitäten ergänzen, die über die Möglichkeiten des Unterrichts hinausgehen. Sie sind so vorzubereiten, durchzuführen und nachzubereiten, dass sie der Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule dienen und im Zusammenhang mit relevanten Lern- und Erziehungszielen der jeweiligen Jahrgangsstufe stehen. Schulfahrten fördern zudem Gemeinschaftserlebnisse und erziehen zu sozialer Verantwortung.
Der geforderte Bezug zu Lern- und Erziehungszielen kann über verschiedene Ansätze hergestellt werden. Ein Themenbezug ergibt sich oft über die Lehrpläne oder ein Schulprogramm. Der Geschichtsunterricht im 6. Schuljahrgang bietet viele Anknüpfungspunkte für Besuche in Klöstern, Burgen oder Pfalzen. Im 8. Schuljahrgang können technische Museen wie das Industrie- und Filmmuseum Wolfen oder das Technikmuseum Magdeburg besucht werden, im 9. Schuljahrgang Museen wie das Schloss Wernigerode und im 10. Schuljahrgang Einrichtungen, die sich mit dem Nationalsozialismus oder der DDR auseinandersetzen.
Ein Methodenbezug entsteht durch die Anwendung fachspezifischer Methoden, die im Unterricht geübt werden, wie die Interpretation bildlicher Quellen (Gemälde, Fotos, Plakate, Karikaturen) oder das Erschließen von Denkmälern und Architektur. Im Museum können diese Methoden an unbekannten Gegenständen angewendet werden. Das gilt auch für Methoden wie Beobachten, Protokollieren, Experimentieren und Präsentieren.
Kompetenzbezug bedeutet, dass Kompetenzen als Handlungsvoraussetzungen in außerschulischen Lernorten besonders gut entwickelt werden können. Die Möglichkeit, Gelerntes auf unbekannte Sachverhalte zu übertragen, ist im Museum in hohem Maße gegeben. Die unmittelbare Begegnung mit Originalen verdeutlicht die Anstrengungen zur Bewahrung von Erbe und Tradition. Kinder entdecken, erleben und erlernen ästhetische Werte, den Zugang zu vergangenen Epochen und fremden Kulturen. Neben diesen Erfahrungen entwickeln sie Schlüsselkompetenzen wie Teamfähigkeit, Toleranz, Verantwortungsübernahme, Kommunikationsfähigkeit und Kreativität.
Wird die Verbindung von Schule und Museum nur auf die Umsetzung des Themenbezugs ausgerichtet, schränkt dies die Möglichkeiten ein, die ein Museumsbesuch für Lerndende bieten kann und sollte.
Ein Museumsbesuch entfaltet seine Wirkung erst, wenn er gut vor- und nachbereitet wird.
In der Vorbereitung ist es wichtig, die Voraussetzungen für eine aktive Kommunikation zwischen Lernenden und der Ausstellung zu schaffen. Der Satz "Man sieht nur, was man weiß" verdeutlicht, dass Vorstellungen zu den kulturellen und räumlichen Verhältnissen, unter denen Menschen einer bestimmten Zeit lebten, arbeiteten und Entscheidungen trafen, entwickelt werden sollten. Dies sollte mit gezielten Verweisen zum Unterricht geschehen, damit die Verzahnung zwischen den Bildungsanstrengungen der Schule und dem Museumsbesuch deutlich wird.
Zur Vorbereitung gehört auch eine Einführung in die Institution "Museum", ihre gesellschaftliche Funktion und ihre Aufgaben. Unverzichtbar sind Belehrungen und organisatorische Hinweise, die nicht nur den Weg zum und vom außerschulischen Lernort betreffen, sondern auch das Verhalten in der Einrichtung selbst. Lernende müssen verstehen, dass sinnliche Wahrnehmung und der Dialog mit Exponaten Ruhe und Aufmerksamkeit erfordern.
Ein Museumsbesuch entfaltet seine Wirkung erst vollständig, wenn in der Nachbereitung die Kommunikation über seine Themen und Inhalte, Erkenntnisse und Eindrücke in der Schule weitergeführt wird. Ohne anschließende Auswertung werden viele Möglichkeiten verschenkt. Die Auswertung sollte über allgemeine Eindrücke hinausgehen und sich auf Erkenntnisse, Einsichten, Herangehensweisen und Verarbeitungen konzentrieren.
Anknüpfungspunkte sollten die ausgewählten Exponate und deren Zusammenhang mit dem Leben von Menschen in vergangenen Zeiten sein, die in die eigene Wirklichkeit mit den gegenwärtigen Lebenserfahrungen, Lebensbedürfnissen, Interessen, Identifikationsmustern und Abhängigkeiten gestellt werden. Zur Auswertung gehört auch die Reflexion über die Bedeutung der Museen als Orte des Sammelns, Bewahrens, Ausstellens und Bildens.