Handelt es sich hier um ein neues Verfahren?
Das sonderpädagogische Feststellungsverfahren ist unverändert geblieben. Es wurde lediglich in den allgemeinen Beratungs- und Förderprozess eingeordnet. Neu sind die landeseinheitlichen Formulare, die nun sowohl für den gesamten Beratungsprozess als auch für das Feststellungsverfahren verwendet werden sollen.
Müssen die Formulare mit dem Computer ausgefüllt werden?
Die Formulare sollen aus Gründen der Lesbarkeit nach Möglichkeit digital ausgefüllt werden. Im Ausnahmefall kann Formular C (Gesprächsprotokoll) handschriftlich bearbeitet werden.
Wann beginnt der Beratungsprozess zur individuellen Förderung?
Sobald bei einem Kind in der Schule Besonderheiten, insbesondere im Lernen, in der Wahrnehmung oder im Verhalten festgestellt werden, beginnt der schulische Beratungsprozess.
Wo soll was durch die Lehrkräfte dokumentiert werden?
Die Beobachtungen und Fragestellungen werden in den Formblättern Ab und B dokumentiert (im Vorschulbereich: Formblatt Aa). Beratungen mit den Eltern, im Kollegium oder mit dem Unterstützungssystem werden mit Formblatt C dokumentiert (bei mehreren Beratungen bitte fortlaufend nummeriert).
Wann kommt es zu einer Fallkonferenz?
Wenn die kollegialen Beratungen (schulintern oder mit dem schulischen Ressourcensystem) nicht zu einem zufriedenstellenden Ergebnis bzgl. der weiteren Förderung führen, wird über Schulleitung, MSDD, Schulpsychologie oder den schulfachlichen Bereich eine Fallkonferenz einberufen. Die Fallkonferenz entscheidet über die Bereitstellung weiterer Ressourcen bzw. die Einleitung eines sonderpädagogischen Feststellungsverfahrens. Die Dokumentation erfolgt über Formblatt C.
Ist die Anzahl von Fallberatungen bzw. Fallkonferenzen, die vor dem Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs stattfinden müssen, vorgegeben?
Nein, es gibt keine Mindestanzahl solcher Beratungen. Ein sonderpädagogisches Feststellungsverfahren sollte jedoch i.d.R. nicht eingeleitet werden, ohne dass zuvor die Möglichkeiten der kollegialen Beratungen ausgeschöpft wurden.
Wer stellt den Antrag auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs?
Vor Schuleintritt können die Sorgeberechtigten einen Antrag auf Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs stellen. Nach Schuleintritt sind sowohl die Sorgeberechtigten als auch die Schule antragsberechtigt. Die Antragstellung erfolgt über Formblatt D.
Müssen Eltern der Einleitung eines sonderpädagogischen Feststellungsverfahrens zustimmen?
Die Sorgeberechtigten müssen nicht zustimmen, sie sind jedoch in jedem Fall in Kenntnis zu setzen. Es wird empfohlen, die Einleitung des Verfahrens gemeinsam mit den Sorgeberechtigten auf den Weg zu bringen. Für den Fall, dass Sorgeberechtigte einer aus Sicht der Schule erforderlichen Einleitung nicht zustimmen und das Formblatt D ausdrücklich nicht gegenzeichnen, muss die Schule glaubhaft machen und entsprechend dokumentieren, dass sie ihrer Informationspflicht gegenüber den Sorgeberechtigten nachgekommen ist.
Bis wann muss der Antrag zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs vorliegen?
Bis zum 10.01. eines Jahres muss der Antrag an den MSDD zur Prüfung übergeben werden um eine Entscheidung herbeizuführen und darüber hinaus für das nächste Schuljahr entsprechende Ressourcen zur Förderung bereitgestellt werden können. Medizinische Unterlagen, das Halbjahreszeugnis und andere Unterlagen, die aus nachvollziehbaren Gründen zum Stichtag noch nicht vorliegen, können im Einzelfall nachgereicht werden.
Muss die KITA für einen Entwicklungsbericht zwingend das Formblatt Aa nutzen?
Nein, es wäre wünschenswert, ist aber nicht verpflichtend. Auch andere bewährte Formen der Dokumentation sind in Absprache mit dem MSDD möglich.
Wie alt dürfen relevante medizinische Unterlagen für das Feststellungsverfahren sein?
Medizinische Unterlagen müssen den aktuellen Entwicklungsstand eines Kindes beschreiben. Festgelegte Verjährungsgrenzen gibt es allerdings nicht.
Wann kann bei der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Lernen oder in der geistigen Entwicklung auf eine kognitive Leistungsdiagnostik verzichtet werden?
Eine kognitive Leistungsdiagnostik soll in der Regel die pädagogische Diagnostik ergänzen, um zieldifferente Förderbedarfe umfassend und rechtssicher abzusichern. Nicht in jedem Fall ist eine kognitive Leistungsdiagnostik sinnvoll oder möglich (z.B. bei fehlenden sprachlichen Kompetenzen oder bei bestimmten Erkrankungen). Im Einzelfall entscheidet das schulfachliche Referat in Rücksprache mit dem schulpsychologischen Referat über den Verzicht einer kognitiven Leistungsdiagnostik. Beim Förderschwerpunkt geistige Entwicklung ist eine klinische Diagnostik erforderlich, eine alleinige kognitive Leistungsdiagnostik reicht hierfür nicht aus.
Muss vor der Antragstellung für ein sonderpädagogisches Feststellungsverfahren im Schwerpunkt Lernen immer erst eine kognitive Leistungsdiagnostik veranlasst werden?
Nein, das Vorliegen einer kognitiven Leistungsdiagnostik ist keine Voraussetzung dafür, dass das sonderpädagogische Feststellungsverfahren eingeleitet werden darf. Maßgeblich ist die pädagogische Diagnostik.
Wer entscheidet, welche Anträge zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ins Verfahren gehen?
Darüber entscheidet das schulfachliche Referat 21 im Landesschulamt Sachsen-Anhalt.
Wann ist die Antragstellung zum sonderpädagogischen Förderbedarf im Schwerpunkt Lernen möglich?
Gemäß Verordnung über die Förderung von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Bildungs-, Beratungs- und Unterstützungsbedarf vom 08. 08. 2013 gibt es keine Einschränkungen hinsichtlich des Zeitpunktes der Antragstellung. Innerhalb der SEP ist eine Antragstellung hinsichtlich der Prüfung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Lernen oder der geistigen Entwicklung möglich, wenn unter Ausnutzung aller pädagogischen Mittel der Verlauf der pädagogischen Diagnostik auch nach Ausschöpfen der SEP eine Versetzung in den 3. Schuljahrgang mit hoher Wahrscheinlichkeit ausschließt. Die Aufnahme an eine Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen soll grundsätzlich erst ab dem 3. Schuljahrgang erfolgen. In begründeten Ausnahmefällen entscheidet die Referatsleitung (Referat 21) über eine Abweichung.
Reichen aussagekräftige ärztliche und therapeutische Berichte zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs aus?
Nein, eine vorliegende medizinische Diagnose bedeutet nicht zwangsläufig das Vorliegen eines (sonder)pädagogischen Förderbedarfs. Maßgeblich ist die pädagogische Diagnostik, die das Kind im Kontext Schule in den Blick nimmt. Erziehung und Unterricht orientieren sich dabei an den individuellen pädagogischen Unterstützungsbedarfen.
Gibt es eine Möglichkeit, das Feststellungsverfahren abzukürzen, wenn der Förderbedarf ohnehin klar ist?
Sonderpädagogische Bildungs- und Unterstützungsangebote basieren auf einer prozess- und inhaltsbezogenen Diagnostik. Das Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs hat nicht nur die Festlegung eines dominanten Förderschwerpunktes zum Ziel, sondern auch die Feststellung der erforderlichen schulischen Maßnahmen aus pädagogischer, personeller, räumlicher und sächlicher Sicht und geht ggfs. mit weiteren Unterstützungsmaßnahmen einher, die das schulische Lernen für das jeweilige Kind erfolgreich werden lassen. Die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ist darüber hinaus eine Verwaltungsentscheidung, die ggfs. – insbesondere bei Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Lernen oder der geistigen Entwicklung – weitreichende Folgen für das Unterrichtsangebot der betroffenen Schülerin bzw. des betroffenen Schülers und somit auch für ihren bzw. seinen weiteren Lebensweg hat. Diese Entscheidung muss nicht zuletzt einer verwaltungsgerichtlichen Überprüfung standhalten.
Aus welchem Grund beinhaltet die gegenwärtige Antragstellung auf Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs nicht die Option der Anerkennung des Portfolios?
Ein vorliegendes Kompetenzportfolio als Dokumentation der Lernentwicklung eines Kindes kann den Bericht der Schule komplettieren. Es beantwortet jedoch nicht alle Fragen, die für die rechtssichere Entscheidung hinsichtlich der Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs notwendig sind. Wichtig für die Prüfung des Förderschwerpunktes sind die pädagogischen Einschätzungen, die sich aus dem Portfolio ergeben. Diese werden mithilfe der Formblätter dokumentiert.
Muss bei dem Wunsch nach dem Gemeinsamen Unterricht eine Fachkommissionssitzung einberufen werden, welche die Rahmenbedingungen prüft?
Das Landesschulamt kann eine Fachkommission einberufen, wenn (1) für die Umsetzung des gemeinsamen Unterrichts weitere Institutionen zu beteiligen sind oder (2) ein Antrag der Personensorgeberechtigten auf Beschulung in einer Förderschule vorliegt oder (3) die Personensorgeberechtigten den Aussagen des Fördergutachtens widersprechen.
Welche Entlastungsmöglichkeiten gibt es im Verlauf des zeit- sowie papierintensiven Antragsprozederes zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs sowie bei dessen Aufhebung für die Lehrkräfte?
Pädagogische und insbesondere sonderpädagogische Förderung erfordert in jedem Fall eine regelmäßige Auseinandersetzung mit den individuellen Lernausgangslagen und Entwicklungsvoraussetzungen der Schülerinnen und Schüler. Der Antrag auf Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs ist letztlich das Ergebnis eines vorherigen umfangreichen Beratungs- und Unterstützungsprozesses für die jeweilige Schülerin bzw. den jeweiligen Schüler. Ist dieser Prozess mit den Formularen gut dokumentiert, ergibt sich für den Fall einer Antragstellung nur noch ein vergleichsweise geringer Aufwand (1 Seite).