„Also scheint es vernünftig, gut darauf Acht zu geben, was wir tun, und zu versuchen, uns ein gewisses Lebenswissen anzueignen, das es uns ermöglicht, richtig zu handeln. Dieses Lebenswissen, oder diese Kunst zu leben, (...), nennt man Ethik."
Ethik hilft
- über die Gründe unseres Handelns nachzudenken und ethisch begründet zu handeln,
- Sensibilität und Bewusstsein dafür zu bilden, dass Menschen im Unterschied zu allen anderen Lebewesen moralische Wesen sind und aus dieser Einsicht heraus Entscheidungen treffen können,
- den Weg zu mündiger Lebensgestaltung zu beschreiten und so die Erziehung zu Nachdenklichkeit sowie zur Anerkennung gesellschaftlich vereinbarter Werte und Normen zu ermöglichen,
- das Gute und das Richtige zu finden und zu tun.
Grundlage des Ethikunterrichts, der diesem Verständnis von Ethik folgt, ist die didaktische Integration von handelnder Erschließung, denkender Näherung und des vertrauenden Annehmens in den Begegnungen mit Welt.
Ausgangspunkt dieser Konzeption ist ein mehrdimensionales Menschenbild, das diese drei Wege zur Erschließung der Welt als bei jedem Menschen vorhanden unterstellt. Ein Ziel des Ethikunterrichts ist es demnach, jungen Menschen zu helfen, sich in ihrem Menschsein in allen drei Dimensionen zu verwirklichen.
In dieser Dreidimensionalität Welt zu erschließen, kann die Erlebnisfähigkeit steigern, den eigenen Alltag anreichern und Handlungsbereitschaft auslösen.
Aus dieser Handlungsbereitschaft entstehen Begegnungen mit den Dingen und Menschen dieser Welt, die selbst als kostbar und wertvoll empfunden und wiederum Antrieb zu neuerlicher Begegnung erwachsen lassen. Daraus sollte sich ein reflexives Verhältnis junger Menschen zu ihrer Mitwelt ausbilden, das zudem durch liebevolle, neugierige, erwartungsfreudige und beschützerische Gefühle geprägt ist.
In diesem Sinne ermöglicht Ethikunterricht nicht nur einen auf Wissenserwerb, Nachdenklichkeit oder vertrauendes Annehmen gestützten Zugang zur Welt, welcher die religiöse Sinndeutung mit einschließt, sondern das Erschließen von Welt in ihrer Ganzheit.
Wenngleich es darauf ankommt, keinen dieser Zugänge zu verabsolutieren oder zu vernachlässigen, deuten praktische Erfahrungen in Schule und Gesellschaft darauf hin, dass ein nachdenklicher Umgang mit Erlebtem, gerade auch angesichts der Herausforderungen in der digitalen Welt, erheblich an Bedeutung gewinnt.
Jeder Bereich des Lehrplanes ist deshalb im Zusammenspiel verschiedener Perspektiven zu durchleuchten.
Aus dem dreidimensionalen Welterleben kann eine Zuneigung zur Mitwelt erwachsen, die sich handlungsmotivierend auswirkt. Indem heranwachsende Kinder diese verschiedenen Dimensionen von Welt erleben und lernen, diese zueinander in Verbindung zu bringen, entsteht eine Lebenshaltung, die sich in dem Bemühen zeigt, das Gute zu finden und zu tun. Ethikunterricht leistet so seinen fachspezifischen Beitrag zu den Leitideen des sozialen Lernens, der Entwicklung von Verantwortungsbewusstsein in der Gesellschaft und im Umgang mit der Natur, der Gestaltung von Schule als Lernort, Lebens- und Erfahrungsraum, des Lebens und Handelns in der Medienwelt sowie des aktiven und individualisierten Lernens.
Im Ethikunterricht der Grundschule erwerben die Schülerinnen und Schüler Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, innerhalb und außerhalb der Schule ethisch zu handeln. Das bedeutet, die Kinder zu befähigen, sich über bekannte Werte und moralische Vorstellungen selbst Gedanken zu machen, Vorschriften und Verbote zu hinterfragen und dann zu befolgen, wenn sie mit überlegten und begründbaren Grundsätzen zu vereinbaren sind.
Dazu bedarf es folgender prozessbezogener Kompetenzen:
- Wahrnehmen (Phänomenologische Kompetenz),
- Kreatives Denken (Spekulative Kompetenz),
- Deuten (Hermeneutische Kompetenz),
- Untersuchen und Zergliedern (Analytische Kompetenz),
- Denken in Gegensatzbegriffen (Dialektische Kompetenz),
die sich in dieser Tätigkeit entwickeln und herausbilden lassen. Im Vordergrund steht die Entwicklung von Denken als didaktische Zielkompetenz.
Die aufgeführten prozessbezogenen Kompetenzen werden im Unterricht im Zusammenhang mit inhaltsbezogenen Kompetenzen in folgenden Bereichen herausgebildet:
- Miteinander in Familie, Schule und Gesellschaft,
- Konflikte in Familie, Schule und Gesellschaft,
- Unterschiedlichkeiten in Familie, Schule und Gesellschaft,
- Ich im Wir,
- Wir im Ich,
- Voneinander,
- Die Welt und Wir,
- Wir in der Welt.
Aus der Erkenntnis, dass Philosophie die Bezugswissenschaft für Ethik darstellt, versteht sich das Philosophieren mit Kindern als eine wesentliche Methode des Ethikunterrichts.