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Museumspädagogik - eine andere Art von Bildung
Inhaltlich verantwortlich: Kathrin Quenzler, Dr. Both, Siegfried
Eingestellt am: 23.11.2009
Stand vom: 30.06.2022

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Dr. Both, Siegfried auf dem Bildungsserver Sachsen-Anhalt (http://www.bildung-lsa.de/index.php?KAT_ID=2781#art5805)

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Zu den Gemeinsamkeiten von schulischem Lernen und Bildung im Museum
Museumspädagogik

Museumspädagogik möchte Inhalte und Zusammenhänge in Museen und Ausstellungen darstellen, interpetieren und vermitteln. Sie ist so Mittler zwischen Schule und Museum und das Instrument, mit der Inhalte ausstellungs- und adressatenbezogen erschlossen werden.

Sich dialogisch mit den musealen Sachzeugen, zugleich aber auch mit der eigenen Wahrnehmung und Interpretation auseinanderzusetzen - das ist das Ziel von Museumspädagogik.

Von daher ist es auch höchst problematisch, wenn eine Exkursion ins Museum als Ersatz für nicht behandelten oder ausgefallenen Unterrichtsstoff angesehen wird. Der starke Objektbezug führt - dies ist nicht zu unterschätzen - auf der einen Seite zwar zur Einschränkung des inhaltlichen Spektrums. Sein unvergleichlicher Wert liegt aber

  • in der kommunikativen Struktur eines Museumsbesuches,
  • im andersartigen Herangehen an Sachfragen wie auch
  • den ästhetischen und emotionalen Komponenten

einer Ausstellung.

 

 

Der Objektbezug - Dreh- und Angelpunkt

Kernpunkt von Museumspädagogik - und das entscheidende Unterscheidungsmerkmal zur schulischen Pädagogik - ist das Anknüpfen an die ausgestellten Sachzeugnisse, die in einer bestimmten ausstellungsdidaktischen Absicht miteinander arrangiert wurden. Zugespitzt formuliert: Ohne Bezug zu konkreten musealen Objekten entsteht keine Museumspädagogik – Pädagogik wird erst dann zur Museumspädagogik, wenn Ausstellungsobjekte und ihr Arrangement im Zentrum stehen.

  • Viele Objekte besitzen Quellencharakter mit hohem Konkretheitsgrad. Sie zeichnen sich durch Echtheit aus (Funktion, Größe, Material, Geräusche).
    Die oftmals apostrophierte größere Anschaulichkeit der Museumsdinge wird allerdings überschätzt. Anschaulichkeit wird mit Sichtbarkeit verwechselt. Bessere Verständniswege ergeben sich dadurch nicht zwangsläufig.
    Voraussetzung ist nämlich, dass die Betrachterinnen und Betrachter die gesehenen Dinge einordnen können, dass sie Beziehungen zum Objekt aufbauen können, dass sie sich in vertrauten Zusammenhängen bewegen.
  • Manche Objekte provozieren durch ihre Gestaltung oder Anordnung, sie fordern zum Diskurs. Es gilt aber auch hier der Grundsatz, dass kognitive und emotionale Grundlagen geschaffen sein müssen, um Abweichungen von der Norm zu erkennen.

 

Herangehen

Grundsätzlich gilt: Es müssen Beziehungen zwischen Schülerinnen und Schülern zu den ausgestellten Sachzeugnissen ermöglicht werden. Dazu zählen:

  • Neugier wecken (z. B. bezüglich der äußeren Gestalt, der verwendeten Materialien, besonderer funktionaler Zusammenhänge)
  • Begegnung mit Exponaten ermöglichen (z. B. um Größe oder Kleinheit, stoffliche Beschaffenheit, Strukturen feststellen zu können)
  • unmittelbare Reaktionen hervorrufen (z. B. Bewunderung, Befremdung, Neugier, Verlangen nach Berühren, Ausprobieren)
  • Objekte befragen (z. B. nach Verwendungszweck, Formgebung, Funktion, Ausstattung)
  • Denkprozessen auslösen, in deren Ergebnis Gegenstände zu „Bildern“ und Eindrücke zu Begriffen werden.

Museusmspädagogik beginnt oft mit der Analyse des ausgestellten Sachzeugnisses und der Aufklärung über seine Entstehungsbedingungen. Auf deren Grundlage soll Verständnis, Bildung und Genuss erreicht werden. Dazu muss das Museum als Möglichkeit verstanden werden, neue Erfahrungen zu ermöglichen, Reflexionen anzuregen und Kommunikation zu erreichen, wo nicht nur Antworten gegeben, sondern auch Fragen entstehen oder gestellt werden. Dabei kann für Schülerinnen und Schüler schon die Erkenntnis von Wert sein, dass es beim Umgang mit ausgestellten Sachzeugen in der Regel keine eindeutigen Aussagen, klaren Urteile und feststehende Wahrheiten gibt.

 

 

Prinzipien

Museumspädagogik zielt darauf ab, Museumsbesucher für Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen vergangenen und gegenwärtigen Lebenswelten zu sensibilisieren. Das erfordert folgende Prinzipien:

  • Den Sinngehalt der Objekte (z. B. historisch, ideologisch, ästhetisch) erkennen (lassen) und altersgerecht vermitteln. Dabei ist es oft notwendig, die zeitgenössischen Stilmittel und Ausdrucksformen in heutige Semantik zu übersetzen.
  • Betrachtern die Würde und Schönheit von Gegenständen erschließen.
  • Besuchern den materiellen und immateriellen Wert von Gegenständen nahe bringen.
  • Einen individuellen Weg zum Objekt ermöglichen, wozu oft das Anregen eigener Fantasie und Kreativität gehört.

Letztendlich geht es der Museumspädagogik darum, die ausgestellten Gegenstände "zum Sprechen" bringen. Dies ist auch abhängig von der Fähigkeit des Konsumenten, eine Beziehung zu den Dingen herzustellen ("Man sieht nur, was man weiß.") Dann können unsere Schülerinnen und Schüler erkennen, was die damals Formenden, Handelnden, Arbeitenden bewog, sich so und nicht anders auszudrücken.